Pathologisches Spielen? Die Einsätze steigen, die Kontrolle über die Spielgewohnheiten geht immer mehr verloren: klassische Zeichen eines problematischen Umgangs mit Glücksspielen. Das gilt für Männer ebenso wie für Frauen – bei der Diagnose einer Glücksspielsucht machen die gängigen Tests und Instrumente der Fachleute keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Ein kritischer Umgang mit Glücksspielen äußert sich jedoch bei Frauen teilweise anders als bei Männern. Das ist zumindest das Ergebnis einer australischen Studie, die vor kurzem veröffentlicht wurde.
Spieler sind öfter aggressiv
Ausgewertet wurden die Befragungsergebnisse von insgesamt fast 1.200 glücksspielenden Männern und Frauen, von denen knapp 350 ein problematisches Spielverhalten aufwiesen. Heraus kamen Unterschiede bei öffentlich gezeigten Verhaltensweisen: Männer berichteten vermehrt über aggressives Verhalten gegenüber Spielautomaten (zum Beispiel dagegen treten oder schlagen).
Außerdem seien sie häufig unhöflich gegenüber dem Personal in Spielhallen und versuchten, andere Spieler davon abzuhalten, an einem Automaten zu spielen, die sie als „ihren“ betrachteten (zum Beispiel weil sie dort eher einen Gewinn erwarten oder auch ansonsten an ihm spielen). Frauen zeigten dagegen häufiger (bzw. direkter) die Not, in der sie als problematische Spielerin steckten – zum Beispiel indem sie in der Öffentlichkeit weinten.
Rote Flaggen beim Spielverhalten
Insgesamt sei es bei Frauen einfacher, ein problematisches Spielverhalten zu erkennen, kommentierte die verantwortliche Studioleiterin Anna Thomas die Untersuchungsergebnisse. Bei Männern müsse man dagegen länger und genauer hinschauen, bis man Anzeichen für einen problematischen Umgang mit Glücksspielen erkennen könne. Denn zwischen problematischen und regulären (d.h. nicht problematischen) männlichen Spielern gebe es insgesamt weniger beobachtbare Unterschiede in Spielverhalten.
Die Studienleiterin spricht von „roten Flaggen“, die einen kritischen Umgang mit Glücksspielen anzeigen – und Grund dafür sein sollten, dass andere Menschen – insbesondere das Personal in Spielhallen und Spielbanken – einschreiten und das Gespräch mit diesen Gästen suchen. Rote Flaggen bei Spielerinnen sind ihrer Aussage nach vor allem: Anpumpen anderer Gäste sowie eine Vernachlässigung der Körperpflege. Bei Männern sind es ebenfalls Versuche, von anderen Gästen Geld zu leihen, die eine klare Grenze zwischen harmlosen Freizeitspielern und problematischen Spielern ziehen. Eine weitere rote Flagge bei Spielern: wenn sie vor Freunden und der Familie verheimlichten, dass sie in der Spielhalle sind.
Studienleiterin: Problematisches Spielverhalten früher erkennen
Um Missverständnissen vorzubeugen: Jede der genannten Verhaltensweisen (z.B. aggressives Verhalten oder Verheimlichen des Spielens) ist ein Warnzeichen für ein problematisches Spielverhalten. Aber offenbar haben einige von ihnen eine besonders deutliche Signalwirkung, bezogen auf das jeweilige Geschlecht.
Die Ergebnisse der Studie könnten dazu dienen, dass das Personal in Spielhallen und Spielbanken für Frühwarnzeichen problematischen Spielens noch besser sensibilisiert wird, so die Einschätzung von Anna Thomas.
Kritisch anzumerken ist, dass die Teilnehmenden der Studie vermutlich immer auch im Einklang mit ihrem Geschlechterbild geantwortet haben dürften. So ist es für Männer leichter, über Aggressionen in der Öffentlichkeit zu sprechen als für Frauen. Zugegeben, dass sie weinen, dürfte dagegen für Frauen einfacher sein. Diese Kritik zum Trotz: Es ist sinnvoll, den Blick für Frühwarnzeichen pathologischen Spielens zu schärfen – und anzuerkennen, dass es dabei Verhaltensunterschiede (zum Beispiel zwischen den Geschlechtern) geben kann.
Spielerschutz: Oft hapert es an der Umsetzung
Bleibt zu hoffen, dass die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Spielorten dem Erkennen dann auch Taten folgen lassen – und (je nach Glücksspielart und Gesetzgebung des Landes) auf das beobachtete Verhalten reagieren: durch Gespräche oder falls möglich auch Fremdsperren. Erfahrungen in Deutschland zeigen, dass dies noch viel zu selten geschieht. So gibt es insgesamt vergleichsweise wenige durch das Personal veranlasste Fremdsperren in deutschen Spielbanken.
Wie sich Spielerinnen und Spieler selber helfen können, zum Beispiel indem sie sich beraten lassen oder eine Selbstsperre einleiten, lesen Sie unter Hilfe und Beratung.
Quelle:
Delfabbro, P., Thomas, A., & Armstrong, A. (2017). Gender differences in the presentation of observable risk indicators of problem gambling, Journal of Gambling Studies, DOI: 10.1007/s10899-017-9691-5 https://www.eurekalert.org/pub_releases/2017-06/s-hds060117.php