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Glücksspielprävention, die bei Jugendlichen ankommt – im Gespräch mit dem SuchtPräventionsZentrum (SPZ) in Hamburg

Wissenschaftliche Studien und Erfahrungen aus der Praxis zeigen: Die Entwicklung eines problematischen Spielverhaltens beginnt oft im Kindes- und Jugendalter. Prävention sollte deshalb bereits bei jungen Altersgruppen ansetzen und – unter anderem – auch Lehrerinnen und Lehrer aktiv einbinden. Wir haben mit Susanne Giese und Klaus Pape vom SuchtPräventionsZentrum (SPZ) Hamburg über ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet gesprochen.

Sie haben im Rahmen Ihrer Präventionsarbeit an Schulen häufig Kontakt mit Kindern und Jugendlichen. Was bekommen Sie dort mit über deren Umgang mit Glücksspielen? Und: Was hat sich in dieser Hinsicht in den vergangenen Jahren verändert?

Glücksspiele sind vor allem ein Thema für männliche Jugendliche, insbesondere für Jungen bzw. junge Männer mit Migrationshintergrund. Berufsschüler betrifft die Thematik zum Beispiel deutlich stärker als Berufsschülerinnen.

In den letzten Jahren hat eine zunehmend unkontrollierbare Entwicklung hin zu Internet-Glücksspielen eingesetzt. Die kann man mal eben in der Pause, in der Bahn, auf dem Weg zur Schule oder Ausbildungsstätte oder mit Freunden „auf dem Sofa“ mit dem Smartphone spielen.
Wetten kann man nahezu auf und um alles, was einem gerade „in den Sinn“ kommt.

Die jüngsten Ergebnisse der SCHULBUS-Untersuchung 2015 (Schüler- und Lehrerbefragung zum Umgang mit Suchtmitteln, Th. Baumgärtner, Ph. Hiller 2016), die auch das Glücksspielverhalten der 14-17-jährigen Schülerinnen und Schüler in Hamburg untersucht hat, könnten eine Trendwende markieren: eine Trendwende dahingehend, dass zunehmend Jüngere Glücksspiele praktizieren. Die beliebtesten Glücksspiele laut dieser Untersuchung sind  Rubbellose, Poker, Sportwetten und Zahlenlotto (näheres unter www.sucht-hamburg.de).

Wie genau arbeiten Sie mit den Schülerinnen und Schülern?

Wir arbeiten zum einen ganz direkt mit Schülerinnen und Schülern, zum Beispiel im Stationen-Parcours zur Suchtprävention für Berufliche Schulen. Außerdem beraten wir Jugendliche und junge Erwachsene und deren Eltern in Einzelgesprächen.

Zum anderen qualifizieren wir Lehrkräfte darin, wie man die von uns in Kooperation mit anderen Bundesländern entwickelten Unterrichtsmaterialien zur Glücksspielprävention sinnvoll in Schulklassen einsetzen kann.

Worüber lassen sich Jugendliche für die Risiken von Glücksspielen sensibilisieren?

Durch das offene Gespräch, durch Reflexion und Information und dadurch, dass man an ihre unmittelbare Erfahrungen mit Glücksspielen anknüpft. Zentral ist dabei die Frage, welche Motive, Ziele und Funktionen sie mit dem Glücksspielen verbinden. Riskant ist immer, wie bei jedem anderen Konsummittel auch, der frühe Einstieg und der Versuch, mit diesem Verhalten schwierige Alltagssituationen und persönliche Probleme zu bewältigen.

Sehr aufmerksam werden die Schüler und Schülerinnen beim Thema Suchtentwicklung, zum Beispiel wenn es darum geht, dass Spielende oft vergeblich auf den großen und allerletzten Gewinn warten, der sie aus der Schuldenfalle reißt. Glücksspiele sind nun einmal so aufgebaut, dass in der Regel der Anbieter und seltener der Spieler gewinnt.

Woran merken Sie, dass Sie mit Ihrer Arbeit etwas bewirken?

Durch Rückmeldungen von Lehrkräften, die mit unseren Unterrichtsmaterialien gearbeitet haben. Zudem wurden die Materialien in 56 Klassen der Sek 1 und Sek 2/Berufliche Schulen erprobt und evaluiert, mit guten Ergebnissen*: Die Schülerinnen und Schüler haben hinterher mehr gewusst und haben außerdem über ihr eigenes Verhalten nachgedacht. Sie fanden den Unterricht spannend und haben die Inhalte später im regulären Unterricht noch einmal aufgegriffen.

Sie beraten auch Lehrerinnen und Lehrer zum Thema Glücksspielsucht. Wie können Sie hier weiterhelfen?

Hier geht es erstmal darum, genau hinzuschauen und die Anzeichen einer Glückspielsucht bzw. eines problematischen Spielverhaltens zu erkennen. Wenn den Lehrkräften etwas auffällt, kommt dann der zweite Schritt: die Beobachtungen angemessen ansprechen. Wir bieten daher Beratung oder Fortbildungen zur Frühintervention und zur Gesprächsführung an.

Prävention bedeutet für uns immer auch frühe Intervention, um ein (riskantes) Konsumverhalten rechtzeitig wahrzunehmen und Hilfen zum Ausstieg anbieten zu können.

An wen kann sich jemand wenden, der sich für Ihre Präventionsarbeit an Schulen interessiert?

Grundsätzlich können sich alle Hamburger Schulen zum Thema „Schulische Suchtprävention“ an das SuchtPräventionsZentrum wenden. Speziell zum Thema Glücksspiel bekommen Sie dann die eben erwähnten Materialien. Ein in Studien nachgewiesener Risikofaktor bei Glückspiel ist ja auch ein früh beginnendes exzessives Computerspielen. Die Grenzen zwischen den Genres verschwinden in diesem Bereich zunehmend. Daher ist die Prävention von exzessivem Computerspiel, für die wir viele Fortbildungen und Materialien anbieten, indirekt auch Prävention von Glückspiel und auch für jüngere Schülerinnen und Schülern wichtig (http://li.hamburg.de/unterrichtswerkstaetten/3023764/art-medienwerkstatt).

Um nachhaltig zu arbeiten unterstützen wir Schulen auch darin, ein suchtpräventives Gesamtkonzept zu entwickeln. Das umfasst neben den digitalen Medien auch Themen wie Tabak-, Alkohol- und Cannabiskonsum, Essstörungen und nicht zuletzt das Training von Lebenskompetenzen wie Selbst- und Fremdwahrnehmung, der Umgang mit Stress, Kommunikation, Problemlösestrategien etc.. Gerade beim Glücksspiel spielen Lebenskompetenzen als „Resilienzfaktor“ eine wichtige Rolle.

Danke für das Gespräch


Das SPZ unterstützt Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen bei der Suchtprävention. Mehr Informationen über die Arbeit des SPZ gibt es hier

* Kalke J, Buth S, Hiller P. Glücksspielsucht-Prävention an Schulen. Entwicklung und Evaluation eines Stationenparcours. Abhängigkeiten. Forschung und Praxis der Prävention und Behandlung 2012; 18 (3): 27-44.

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