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Die Pandemie und das Glücksspiel

Die Pandemie und das Glücksspiel

Selten wurde ein Jahresbeginn mit so viel Hoffnung verknüpft wie der Start von 2021. Die Corona-Pandemie in den Griff bekommen und nach und nach alte Freiheiten zurückgewinnen, ist der sehnliche Wunsch von allen. Die ersten Tage und Wochen brachten dann erst einmal Ernüchterung. Die Kontaktbeschränkungen mussten aufrechterhalten und zum Teil sogar verschärft werden. Und immer noch geht es darum, so wenige Menschen wie möglich zu treffen. Kontakte zu anderen müssen deshalb mit deutlichem Abstand – oder am besten digital – gepflegt werden.

Was bedeutet die Corona-Ausnahmesituation für Menschen, die Glücksspiele spielen?

Zum Beispiel für jene, die über viele Jahre in die Spielhalle oder die Spielbank gegangen sind und die dann, erstmalig im vergangenen Frühjahr, vor verschlossenen Türen standen? Weichen sie auf andere Glücksspiele aus, zum Beispiel auf Online-Glücksspiele oder privat organisierte (und damit illegale) Glücksspiele? Oder nehmen sie die erzwungene Spielpause zum Anlass, ihr bisheriges Spielverhalten zu überdenken?

Und wie verhalten sich Menschen, die jeden Monat einen Teil ihres Einkommens verspielen und denen jetzt – zum Beispiel, weil sie in Kurzarbeit sind – weniger Budget dafür zur Verfügung steht? Setzen sie entsprechend weniger Geld ein oder bleiben sie bei ihrer gewohnten Summe und das Spielen geht damit noch mehr auf Kosten anderer Lebensbereiche?

Wie reagieren Menschen, die das Spielen als Möglichkeit genutzt haben, der häuslichen Enge und Konflikten in der Familie zu entkommen und die jetzt notgedrungen mehr Zeit als sonst in ihren eigenen vier Wänden verbringen müssen? Fachleute gehen davon aus, dass beispielsweise häusliche Gewalt in Lockdown-Zeiten deutlich zunimmt.

Allein diese (ersten) Fragen machen deutlich: Es gibt nicht den einen Spieler oder die eine Spielerin. Und auch die Reaktionen von Spielenden auf die Umstände der Corona-Pandemie dürften sehr unterschiedlich ausfallen. Allen gemein ist jedoch, dass seit mehr als zehn Monaten die Corona-Ausnahmesituation ihr Leben mehr oder weniger stark verändert. Das birgt sowohl Chancen als auch Risiken.

Chancen ...

Andere Trigger, neue Routinen

Was sich für die spielende Person wie ein Verlangen anfühlt, das tief aus dem Inneren kommt („Spieldruck“), wird oft von äußeren Reizen ausgelöst. Ein Beispiel: Ein Spieler steigt auf dem Rückweg von der Arbeit immer an einer bestimmten Bahnstation aus, um zum Feierabend noch in die Spielhalle zu gehen. Das macht er über viele Jahre so. Inzwischen schlägt sein Herz schon schneller, wenn in der Bahn die Haltestelle angesagt wird: Dann sind es nur noch 15 Minuten, bis er am Automaten steht. Im Frühjahr dann der (erste) abrupte Halt: Die Spielhalle machte zu und er selber wechselte vom Büro ins Homeoffice. Klingt nach „kaltem Entzug“ und möglicherweise nutzt der Spieler die veränderten Rahmenbedingungen auch für einen Ausstieg aus dem Glücksspiel (zum Beispiel unterstützt durch die Helpline oder das Angebot einer Beratungsstelle in Hamburg). Oder aber er steigt auf ein Online-Glücksspiel um. Dazu später mehr, wenn es um die Risiken von Spielerinnen und Spielern in der Corona-Pandemie geht.

Die Unterbrechung alter Routinen und das Wegfallen von Triggern (Auslösereizen) sind aber erst einmal eine neue Chance, gewohnte Verhaltensweisen zu verändern.

Alles ändert sich – warum nicht auch das eigene Spielverhalten?

Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. „Alles ist anders“ ist inzwischen zum geflügelten Wort geworden. Vieles funktioniert tatsächlich momentan auf andere Weise als früher. Gleichzeitig wird viel darüber diskutiert, wie unsere Welt „nach Corona“ aussehen könnte oder sollte: Was von dem Neuen soll bleiben und (teilweise oder ganz) alte Gewohnheiten ersetzen? Und was soll möglichst bald in alter Form wieder zurückkehren?

Unsere Empfehlung: Nutzen Sie die Pandemie-Zeit als Anlass für eine persönliche Bilanz. Was hat Ihnen das Spielen in der Vergangenheit gebracht und was kostet es Sie auf der anderen Seite, zum Beispiel an Geld, Zeit oder Aufmerksamkeit für die Familie? Auch ein Blick in die Zukunft ist hilfreich: Welche Auswirkungen hat es (vermutlich) auf Ihr Leben, wenn Sie in den nächsten Jahren genauso weiterspielen wie in den vergangenen Jahren? Und wie könnte Ihr Leben ausschauen, wenn Sie jetzt umsteuern? Diese Fragen lassen sich auch sehr gut mit gemeinsam mit einer Beraterin oder einem Berater besprechen (Hilfe)?

Neben diesen Chancen entstehen durch die Corona-Umstände auch neue Risiken, besonders für Menschen mit Suchtproblemen.

… Risiken …

Wenn der Gefühlsabschalter ausfällt

In seinem Buch „Basiswissen Glücksspielsucht“ zitiert der Autor Sascha Lutz einen Klienten, der das Spielen am Automaten so beschreibt: „ein immer gleiches Geschehen mit eingebautem Gefühlsabschalter“. Was passiert nun, wenn dieser gewohnte „Gefühlsabschalter“ wegfällt? Wird ein anderer „Gefühlsabschalter“ gesucht? Kommt es zu einer Suchtverlagerung, werden Gefühle wie Aggression oder Langeweile anders ausagiert als früher? Auf das steigende Risiko häuslicher Gewalt in Zeiten der Pandemie haben wir schon hingewiesen. Weiter unten, unter „Lösungen“ nennen wir Ihnen Anlaufstellen für dieses Thema.

Umstieg auf riskante Online-Glücksspiele

Die Anbieter von online-Glücksspielen reiben sich die Hände: Ab dem 21. Juli dieses Jahres sollen Online-Glücksspiele in Deutschland legal angeboten werden dürfen, sofern sie bestimmte Anforderungen erfüllen. Das sieht der dann in Kraft tretende Glücksspielstaatsvertrag vor. Anbieter von Online-Poker und virtuellem Automatenspiel, „die die derzeit bereits technisch umsetzbaren Vorgaben zum Spielerschutz einhalten“, sollen zudem auch jetzt schon nicht verfolgt werden (Gesetz). In unserer Dezember-News hatten wir zudem darüber berichtet, wie üppig die Werbebudgets von Online-Glücksspiel-Anbietern ausfallen.

Das Geschäft mit Online-Glücksspielen könnte also ausgerechnet mitten in der Corona-Pandemie erheblich an Fahrt aufnehmen – in einer Phase, in der viele Menschen vermehrt Zeit zu Hause verbringen. Viele von ihnen könnten von ihrem bisherigen Stamm-Glücksspiel auf die besonders riskante Variante des Online-Spielens ausweichen. Hier informieren wir über die Risiken von Online-Glücksspielen.

… Lösungen

Wenn der Gefühlsabschalter ausfällt

Wenn Sie Fragen zum Thema Glücksspiele haben und/ oder sich fragen, ob Ihr Spielverhalten noch im grünen Bereich liegt oder Sie sich Gedanken um eine andere Person machen, die Ihrem Eindruck nach zu viel spielt: Wenden Sie sich an die zahlreichen und kostenfreien Hilfsangebote in Hamburg.

In Zeiten der Corona-Pandemie wird unsere psychische Gesundheit besonders herausgefordert. Anlaufstellen und Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen, die sich psychisch belastet fühlen, gibt es hier.

Um das Thema Häusliche Gewalt geht es auf diesen Seiten:

https://www.hilfetelefon.de/gewalt-gegen-frauen/haeusliche-gewalt.html

https://www.polizei-beratung.de/opferinformationen/haeusliche-gewalt/   

Bleiben Sie gesund.

Ihr Team von Automatisch Verloren

Quelle: Lutz, S. (2016). Basiswissen: Glücksspielsucht. Köln: Psychiatrie Verlag

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