Glücksspielstaatsvertrag: Versuch einer Zwischenbilanz
Glücksspielstaatsvertrag: Versuch einer Zwischenbilanz
Knapp vier Jahre ist es her, da veröffentlichten wir an dieser Stelle einen Artikel mit der Überschrift „Glücksspielstaatsvertrag 2021: Deutschland in der Umbruchphase“.
Rückblick: Große Erwartungen und erste Zweifel
Wahrhaft Großes zeichnete sich damals ab: Ein neuer Glücksspielstaatsvertrag trat in Kraft, dieses Mal nicht befristet – und mit einigen Neuerungen, die es in sich hatten. So wurde erstmals ein spielformübergreifendes Sperrsystem eingerichtet, eine langjährige Forderung von Fachleuten und Expert*innen. Einige Inhalte des Staatsvertrags bereiteten Letzteren jedoch auch einiges an Zweifel und Bauchschmerzen. So wurden erstmals Online-Glücksspiele erlaubnisfähig. Das hierfür geltende Einzahlungslimit von 1000 € galt (und gilt immer noch) vielen als sehr hoch angesetzt. Insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen können sich schnell in eine Verschuldung spielen und damit sich und ihre Familien ruinieren. Auch die (offenbar rechtlich notwendig gewordene) Aufhebung der Begrenzung von Sportwetten-Lizenzen wird von vielen kritisch gesehen.
Was hat sich seitdem verändert?
Wie haben sich die Neuerungen bewährt? Was hat sich seitdem auf dem Glücksspiel-Markt verändert? Und konnten die mit dem Staatsvertrag verbundenen Ziele zumindest annähernd erreicht werden? Ein Zwischenbericht der Länder zur Evaluation gab bereits zum Beginn des vergangenen Jahres eine (erste) Einschätzung. Der Bericht liefert allererste Erkenntnisse darüber, wie sich die neuen Regelungen auf den Markt, den Spielerschutz und die Regulierung auswirken. Der Bericht selber setzte sich zum Ziel, einzuschätzen, „wie alle Neuerungen angelaufen sind“. Ein „zusammenfassender Bericht“ wird für den 31. Dezember 2026 angekündigt.
Fortschritte bei der Marktkanalisierung – Schwarzmarkt bleibt ein Problem
Eines der Hauptziele des Glücksspielstaatsvertrags ist die Lenkung des Spielverhaltens in regulierte Bahnen, um den Schwarzmarkt einzudämmen. Ein Ziel, dem sich der deutsche Glücksspielmarkt zumindest angenähert hat: Laut Bericht hat sich das Marktverhältnis leicht zugunsten legaler Anbieter verbessert. Der erlaubte Markt machte zuletzt (im Jahr 2022) 94 Prozent des Gesamtmarktes aus, während der unerlaubte Marktanteil von sieben Prozent auf sechs Prozent gesunken ist. Trotzdem sind beide Segmente gewachsen: Der erlaubte Markt um 34 Prozent (3,1 Milliarden Euro), der unerlaubte um 10 Prozent (75 Millionen Euro). Diese Zunahme hängt vermutlich mit den gelockerten Corona-Maßnahmen zusammen: Zugangsbarrieren fielen weg und es wurde wieder mehr gespielt. Davon profitierten sowohl der erlaubte als auch der unerlaubte Markt, letzterer immerhin in deutlich geringerem Ausmaß. Unsere Einschätzung: Trotz dieser Entwicklung bleibt der Schwarzmarkt eine Herausforderung – besonders im Online-Bereich.
Spielerschutz: Erste Maßnahmen umgesetzt, aber Monitoring ausbaufähig
Der Bericht stellt fest, dass zentrale Maßnahmen zum Spielerschutz eingeführt wurden. Dazu gehören das Einzahlungslimit, das Verbot des parallelen Spiels sowie ein Monitoring zur Früherkennung von Spielsucht. Ob und in welchem Umfang diese Maßnahmen künftig angepasst werden (müssen), lässt sich auf Basis der bisherigen Erfahrungen noch nicht beurteilen. Allerdings deutet der Bericht darauf hin, dass das monatliche Einzahlungslimit von 1.000 Euro im Online-Segment möglicherweise gesenkt wird. Auch im umgekehrten Fall könnte es Änderungen geben, dann nämlich, wenn eine spielende Person ihr individuelles Einzahlungslimit erhöhen möchte. Hierfür könnten eventuell neue Instrumente entwickelt werden, die eine genauere Überprüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Spieler*innen erlauben.
Werbung: Rückgang der Werbeausgaben, aber weiterhin problematisch
Die Werbeausgaben für Glücksspielangebote sind laut Bericht in den letzten Jahren gesunken, insbesondere bei Sportwetten und Online-Glücksspielen. Dennoch gibt es weiterhin Herausforderungen, etwa durch das Sponsoring im Profisport. Die Regulierungsbehörden beobachten eine zunehmende Nutzung von Dachmarkenwerbung und neue Formen des Marketings, die bestehende Werbebeschränkungen teilweise umgehen. Der Bericht empfiehlt daher eine Überprüfung der Werbevorschriften, insbesondere im Hinblick auf die Wirkung auf vulnerable Gruppen.
Glücksspielaufsicht GGL arbeitet fristgerecht
Mit der Einführung der GGL (Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder) wurde eine zentrale Glücksspielaufsichtsbehörde geschaffen, die für die Regulierung des deutschen Online-Glücksspielmarktes verantwortlich ist. Laut Bericht ist die Behörde mittlerweile arbeitsfähig und verfügt über eine Personal-Struktur, die (zumindest zum Stand Anfang 2024) noch weiter ausgebaut wird. Es wird festgestellt, dass „sämtliche gesetzlich zugewiesenen Aufgaben fristgerecht von der GGL wahrgenommen werden konnten“.
Fazit
Der Zwischenbericht zeigt, dass der Glücksspielstaatsvertrag 2021 in einigen Bereichen erste Fortschritte erzielt hat, zum Beispiel bei der Marktkanalisierung und dem Aufbau der Glücksspielaufsicht. Gleichzeitig werden zukünftige Herausforderungen deutlich, etwa im Bereich des Spielerschutzes, der Werberegulierung und der Bekämpfung des Schwarzmarkts. In den kommenden Jahren sollen weitere Studien durchgeführt werden, um eine fundiertere Bewertung der getroffenen Maßnahmen zu ermöglichen.
Quelle: Zwischenbericht der Länder zur Evaluation gemäß § 32 GlüStV 2021. Zuletzt abgerufen am 28.3.2025 über https://gluecksspiel-behoerde.de/de/gemeinsame-geschaeftsstelle/aktuelle-veroeffentlichungen