Studie aus Großbritannien: In der Pandemie wird mehr online gespielt
Studie aus Großbritannien: In der Pandemie mehr Online-Glücksspiel gespielt
Eine Studie aus Großbritannien hat die Befürchtungen vieler Suchtexpert*innen bestätigt: In der Corona-Pandemie sind dortzulande viele Glücksspieler*innen auf Online-Spiele umgestiegen.
Großbritannien: Pandemie macht Online-Glücksspiele populärer
Zwar wurden in England aufgrund der verschiedenen Lockdowns – auch dort waren beispielsweise Wettbüros zeitweise geschlossen – insgesamt weniger Glücksspiele gespielt. Einen Zuwachs an Kund*innen gab es jedoch bei den Online-Glücksspielen. Besonders Menschen, die bereits vor Beginn der Pandemie regelmäßig um Geld spielten, wechselten in die Online-Sparte. Bei ihnen stieg die Wahrscheinlichkeit, ein Online-Glücksspiel zu spielen (im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie), um das Sechsfache. Auch bei Gelegenheitsspielerinnen gab es einen Anstieg: Die Wahrscheinlichkeit, online zu spielen, nahm bei ihnen in der Pandemie immerhin um das Zweifache zu. Besonders bitter: Personen, die bereits „vor Corona“ finanzielle Probleme hatten, spielten mit Beginn der Pandemie häufiger Glücksspiele, als solche ohne finanzielle Probleme.
Zur Erinnerung: Mit Online-Glücksspielen sind besondere Risiken verbunden, die zum vermehrten und entgrenzten Spielen verführen können – von ihrer 24/7-Erreichbarkeit bis zum Spielen mit elektronischem Geld (Kreditkarte, geldwerten Punkten).
Autorin: alarmierende Ergebnisse
Für ihre Untersuchung nutzten die englischen Wissenschaftler*innen verschiedene Quellen, unter anderem eine Online-Befragung von über 2.600 Erwachsenen, die im Durchschnitt 28 Jahre alt waren. Dabei zeigte sich auch, dass während eines Lockdowns mehr Männer als Frauen regelmäßig Glücksspiele spielten. Auch ein Zusammenhang zwischen dem Alkoholkonsum der Studienteilnehmer*innen und ihrem Spielverhalten wurde gefunden: Männer und Frauen, die sich mindestens einmal pro Woche betranken, neigten stärker dazu, regelmäßig Glücksspiele zu spielen.
Eine Autorin der Studie bezeichnete die Ergebnisse als „alarmierend“. Wenn Glücksspiele vermehrt im Internet gespielt würden, könnten dafür empfängliche („vulnerable“) Personen, beispielsweise Jugendliche oder Menschen, die viel Alkohol trinken, in den Sog der Spiele geraten.
Homeoffice kann zum Glücksspiel-Problem werden
In Großbritannien, genauso wie in Deutschland, arbeiten derzeit immer noch viele Menschen im Homeoffice. Die Zahl derer, die ihre Arbeit vorwiegend von zu Hause aus erledigen, ist während der Pandemie in beiden Ländern stark angestiegen. Für einige Menschen könnte das zum (Glücksspiel-) Problem werden: Sie sitzen dann bereits vor dem Gerät, mit dem sie (auch) online spielen können und kommen darüber außerdem möglicherweise mit Glücksspielwerbung in Kontakt.
Für Kinder und Jugendliche, die viel Zeit online verbringen und dort zum Beispiel Computerspiele spielen, könnte der Weg zu Glücksspielen (bei denen es dann auch um Geldgewinne geht) ebenfalls kurz sein. Selbst wenn der Jugendschutz konsequent eingehalten wird und die Heranwachsenden bis zum 18. Lebensjahr an keinem Glücksspiel teilnehmen, sind sie dann mit Erreichen des Erwachsenenalters daran gewöhnt, im virtuellen Raum zu spielen und lange online zu sein. Kommen sie dann auch noch mit geschickt platzierter Glücksspielwerbung in Kontakt, könnten sie versucht sein, auch (online) um Geld zu spielen.
Mitten in der Pandemie: Legalisierung von Online-Glücksspielen
Eine vergleichbare Studie aus Deutschland zum Glücksspielverhalten in Zeiten der Pandemie ist uns (derzeit) nicht bekannt. Die Umstände in England sind aber zu einem großen Teil mit den Pandemie-Bedingungen bei uns vergleichbar: zeitweise geschlossene Spielstätten, viel daheim verbrachte Zeit.
Eine deutsche Besonderheit gibt es allerdings: Mitten in der Pandemie, zum 1. Juli dieses Jahres, ist der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der erstmalig Online-Glücksspiele in Deutschland erlaubt (bisher durfte lediglich die Bevölkerung von Schleswig-Holstein legal an Internet-Glücksspielen teilnehmen). Noch ist nicht absehbar, wie sich die neue Gesetzgebung und die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie auf die Nachfrage nach Online-Glücksspielen auswirken wird.
Dass es seit kurzer Zeit hierzulande legale Online-Glücksspielangebote gibt, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei dieser Spielform um eine besonders riskante Glücksspielvariante handelt.
Zum Schluss noch drei Empfehlungen von uns:
- ) Haben Sie in den vergangenen Monaten auch (zu) viel Zeit online verbracht? Brauchen Sie eine neue Balance zwischen Offline- und Online-Welt? Anregungen finden Sie auf der Website unseres Projekts Time To Balance ((Link zu https://www.webfehler-hamburg.de/)).
- ) Falls Sie Glücksspiele spielen, ist jetzt eine gute Gelegenheit, den Test zu machen: Liegt ihr Spielverhalten noch im grünen Bereich? Hier geht es zu unserem Selbsttest.
- ) Werden Sie SPIELFREI! Hier geht es zu professionellen und kostenfreien Beratungs- und Hilfsangeboten.
Quelle:
University of Bristol. (2021, May 17). Study shows online gambling soared during lockdown, especially among regular gamblers. ScienceDaily. Retrieved August 15, 2021 from www.sciencedaily.com/releases/2021/05/210517083636.htm