Süchtig nach Glücksspielen?
Wenn jemand die Kontrolle über das Glücksspielen verloren hat, sagt der Volksmund gemeinhin, die Person sei „spielsüchtig“. Begriffe wie „problematisches“ oder gar „pathologisches“ Glücksspielen werden dagegen vor allem von Fachleuten verwendet, zum Beispiel in der Wissenschaft.
Klassifikationssystem DSM: Anerkennung von Pathologischem Glücksspielen als Verhaltenssucht
Lange hat man das Pathologische Spielen zum Beispiel in den international anerkannten Klassifikationssystemen gar nicht als „Sucht“ definiert. Sowohl im Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem sogenannten ICD (International Classification of Diseases = internationales Klassifikationssystem für Krankheiten) als auch im amerikanischen System DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders = diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen) tauchte das pathologische Spielen bisher unter „Impulskontrollstörungen“ auf.
Im vergangenen Jahr hat sich das geändert, als das pathologische Glücksspielen in der fünften Auflage des DSM („DSM-V“) als erste Verhaltenssucht überhaupt in die Gruppe der „Abhängigkeitserkrankungen“ aufgenommen wurde. Experten rechnen damit, dass auch in der nächsten Ausgabe des ICD das pathologische Spielen als Sucht aufgeführt wird. Die „Umgruppierung“ wird mit den Ähnlichkeiten zwischen einer Abhängigkeit von einer Substanz (z.B. Alkohol, Nikotin, Heroin, etc.) und dem pathologischen Glücksspielen begründet.
Kennzeichen von Glücksspielsucht: Kontrollverlust und Entzugserscheinungen
Betrachtet man die Kriterien, die im neuen DSM „Pathologisches Spielen“ definieren, werden diese Übereinstimmungen offensichtlich. Dort ist beispielsweise von „wiederholt erfolglosen Versuchen, das Spielen einzuschränken oder zu beenden“ die Rede, außerdem von „Unruhe und Gereiztheit beim Versuch, das Spielen einzuschränken“. Oder auch von „Glücksspielen als Flucht vor Problemen oder negativen Gefühlen“. Mindestens vier von insgesamt neun Kriterien müssen in den vergangenen 12 Monaten erfüllt gewesen sein, damit die Diagnose gestellt werden kann.
Kennzeichen für einen pathologischen Umgang mit Glücksspielen sind also unter anderem fehlende Kontrolle, Entzugserscheinungen und Vermeidungs- bzw. Fluchtverhalten – Merkmale, die wir von „klassischen“ (bzw. „substanzbezogenen“) Süchten kennen.
Parallelen zwischen einer Sucht und pathologischem Glücksspiel aus Sicht der Hirnforschung
Auch Hirnforscher haben Parallelen zwischen der Abhängigkeit von einer Substanz und dem „Pathologischen Glücksspielen“ gefunden. Eine zentrale Rolle spielt in beiden Fällen das sogenannte Belohnungssystem im Gehirn. Wenn dort der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet wird, führt das zu Wohlbefinden. Alkohol zum Beispiel kann die Ausschüttung von Dopamin kurzfristig stark erhöhen. Dadurch erklärt sich das Wohlgefühl, das Menschen verspüren, wenn sie Alkohol trinken – zumindest bei geringen Konsummengen, denn die angenehme Wirkung kann bekanntermaßen bei steigendem Pegel schnell in ihr Gegenteil umschlagen. Auch ein Gewinn im Glücksspiel bewirkt eine „Dopamin-Dusche“ im Gehirn – an die sich das Gehirn gewöhnen kann.
Dopamin sorgt für das Verlangen nach dem Glücksspiel
Das Gehirn möchte das durch Dopamin gesteuerte Wohlbefinden erneut erleben. Dadurch lässt sich das Verlangen nach einer Wiederholung der (z.B. Glücksspiel-)Erfahrung erklären. Bei diesem Vorgang verknüpft das Gehirn auch bestimmte Umgebungsreize mit dem erlebten Wohlgefühl. Bei Glücksspielen entsteht so eine Nervenverbindung (zum Beispiel) zwischen dem Blinken und Klingeln eines Geldspielautomaten und dem besagten Wohlgefühl. Nach einer Zeit können diese Reize das Verlangen nach dem Spielen selbstständig auslösen. Die typischen Klänge eines Geldspielautomaten sorgen dann für eine Art „Sogwirkung“, der sich manche nur schwer oder gar nicht entziehen können.
Glücksspiele hinterlassen Spuren im Gehirn...
Die Wirkweise von Dopamin kann also das Verlangen nach einem Suchtstoff oder einem bestimmten Verhalten wie dem Glücksspielen erklären. Es gibt noch eine Reihe weiterer Botenstoffe, die an der Entwicklung einer Abhängigkeit mitwirken. Auch wenn dieser Entwicklungsprozess insgesamt komplex ist, lässt er eine klare Schlussfolgerung zu: Glücksspielen hinterlässt Spuren im Gehirn, die mit der Häufigkeit des Spielens immer tiefer werden und einen Ausstieg erschweren.
... deshalb bei kritischer Entwicklung des Spielverhaltens frühzeitig aussteigen
Je früher ein Spieler eine kritische Entwicklung feststellt und sich beraten lässt, desto leichter und besser kann der Ausstieg gelingen. Die Kampagne „Automatisch Verloren!“ will für einen kritischen Umgang mit Glücksspielen und möglichst frühzeitiges Handeln sensibilisieren. Infos zu Hilfsangeboten finden Sie hier.
Am 25. September ist Aktionstag Glücksspielsucht
Auch in diesem Jahr wird der bundesweite Aktionstag zur Glücksspielsucht wieder dafür genutzt, öffentlichkeitswirksam über die Risiken von Glücksspielen zu informieren und Hilfsangebote für Betroffene und ihre Angehörigen vorzustellen. Auch die Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS) und der Hamburgischen Arbeitskreis Glücksspielsucht (HAGS) werden wieder gemeinsam eine Aktion veranstalten, die Vorbereitungen laufen schon. Termin ist der 25. September, wir informieren Sie auf dieser Website rechtzeitig über den Ort und die genaue Zeit.
Quellen:
https://www.problemgambling.ca/EN/ResourcesForProfessionals/Pages/DSM5CriteriaGamblingDisorder.aspx
http://www.dsm5.org/Pages/Default.aspx