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Jeder 7. Euro bleibt beim Anbieter: Neue Studie zu Spielerverlusten auf dem deutschen Glücksspielmarkt

Im Jahr 2012 wurden auf dem deutschen Glücksspiel- und Sportwettenmarkt Einsätze im Gesamtwert von ca. 48 Milliarden Euro getätigt. Das haben jetzt Wissenschaftler der Universität Hohenheim (Forschungsstelle Glücksspiel) berechnet. Etwa 39 Milliarden Euro wurden als Gewinne an die Spielenden ausgezahlt – ihre Verluste betrugen damit knapp neun Milliarden Euro (8.924 Millionen Euro).

Jeder siebte Euro bleibt beim Automatenbetreiber

Die Experten sprechen von sogenannten „Bruttospielerträgen“ und meinen damit die Differenz von Spieleinsatz und Gewinnauszahlung. Je nach Glücksspielart gibt es unterschiedliche Auszahlungsquoten. Bei Automatenspielen werden beispielsweise im Durchschnitt 85 Prozent der eingezahlten Summen wieder ausgezahlt, 15 Prozent bleiben also automatisch beim Betreiber des Glücksspiels. Die Gesamtsumme der Bruttospielerträge von knapp neun Milliarden ist gegenüber den Vorjahren konstant geblieben.

Glücksspiele führen automatisch zu Verlusten

Bezogen auf den gesamten regulierten Glücksspiel- und Sportwettenmarkt (d.h. ohne Schwarzmarkt) liegt die Auszahlungsquote bei ungefähr 19 Prozent. Vereinfacht könnte man also sagen, dass insgesamt knapp jeder fünfte Euro, der auf dem offiziellen Glücksspielmarkt ausgegeben wird, als Ertrag bei den Anbietern „hängen bleibt“. Die Zahlen machen deutlich: Auch wenn es immer wieder einzelne Gewinner gibt, führt die Teilnahme an Glücksspielen – auf Dauer und über alle betrachtet – automatisch zu Verlusten.

Durch Schwarzmarkt steigt das Minus der Spieler auf elf Milliarden Euro

Dass die finanziellen Verluste von Glücksspielern eigentlich noch deutlich höher sind, zeigen die Schätzungen der Forscher zu Gewinnen und Verlusten auf dem Schwarzmarkt. Sie sprechen vom „nicht-regulierten“ Glücksspielmarkt und kommen auf Bruttospielerträge – also Spielerverluste – zwischen 1.574 und 1.970 Millionen Euro. Rechnet man diese Summen zu den Verlusten auf dem regulierten Markt hinzu, ergibt sich für die Spielenden ein Gesamtminus von knapp elf Milliarden Euro.

Umsatz durch Automatenspiele steigt

Die Zahlen der Wissenschaftler aus Hohenheim zeigen auch Verschiebungen auf dem deutschen Glücksspielmarkt in den letzten Jahren. So sind Spieleinsätze bei Glücksspielautomaten und Casinospielen in Spielbanken zurückgegangen, auch die Marktanteile der staatlichen Lotterien sind in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich gesunken. Dafür stieg der Umsatz bei Automatenspielen in Spielhallen und Gaststätten deutlich an.

Problemspieler bescheren Großteil des Umsatzes

Prof. Gerhard Meyer, Experte für Glücksspielsucht von der Universität Bremen, weist in der Frankfurter Rundschau darauf hin, dass ein Großteil der Glücksspielumsätze mit Menschen erzielt werden, die die Kontrolle über das Spielen verloren haben: „Die Branche lebt nicht von den Gelegenheitsspielern, sie lebt von den Spielsüchtigen.“

Deren hohen Spielverluste spiegeln sich beispielsweise im Schuldenstand von ambulanten Klienten bei Beratungsstellen. Nur etwa ein Drittel von ihnen (knappe 35 Prozent) hat gar keine Schulden, der Rest ist zum Teil hoch verschuldet. Bei 16 Prozent ist durch das Spielen sogar ein Minus von mehr als 25.000 Euro entstanden.

Über eine halbe Million riskante Spieler

Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zeigen etwa 275.000 Menschen in Deutschland ein problematisches Spielverhalten, die Kriterien für eine Spielsucht („Pathologisches Spielverhalten“) sind bei ungefähr 264.000 Menschen erfüllt. Gerade unter Automatenspielerinnen und -spielern ist der Prozentsatz von Menschen mit einem riskanten oder süchtigen Glücksspielverhalten besonders hoch. Fast neun Prozent von ihnen fallen laut der Studie der BZgA in die Kategorie „problematisch oder „pathologisch“ Spielende. Zum Vergleich: Bei Lotterien beträgt dieser Anteil ungefähr zwei Prozent.

Verbot von Punktespielen gefordert

Experten fordern, Automatenspiele stärker zu regulieren, etwa durch ein Verbot des sogenannten Punktespiels. Bei Punktespielen hebelt die Automatenspielindustrie durch Umrechnung von Geld- in Punktwerte die gesetzlichen Regelungen zur Begrenzung von Spielverlusten aus. Prof. Meyer fand in einem Praxistest heraus, dass Spieler auf diese Weise innerhalb kürzester Zeit enorme Summen verspielen können.

In der vom Bundeswirtschaftsministerium im vergangenen Jahr vorgelegten Novellierung der Spielverordnung war ein Verbot des Punktespiels bisher nicht vorgesehen. Der Bundesrat hatte anschließend die Neufassung der Verordnung um ein solches Verbot erweitert. Nun muss das Wirtschaftsministerium die veränderte Fassung noch annehmen und in Kraft setzen.

Ausweg aus der Schuldenfalle: professionelle Schuldnerberatung

„Neben zerrütteten Familienverhältnissen und Einsamkeit gehört ein hoher Schuldenstand zu den häufigen Folgen eines problematischen oder abhängigen Spielverhaltens“, erklärt Christiane Lieb, Geschäftsführerin der Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS), „In diesen Fällen bieten die ambulanten Beratungsstellen auch eine Beratung zum Umgang mit Schulden an. Gemeinsam mit einer erfahrenen Beraterin oder einem erfahrenen Berater wird ein Plan entwickelt, wie die Schulden schrittweise abgebaut werden – ein wichtiger Schritt bei der Bewältigung der Glücksspielproblematik.“

Eine Übersicht der Beratungsstellen in Hamburg finden Sie hier.

Quellen:

https://gluecksspiel.uni-hohenheim.de/fileadmin/einrichtungen/gluecksspiel/Oekonomie/Newsletter_Gluecksspielmarkt2012.pdf

http://www.fr-online.de/wirtschaft/gluecksspiel-punktsieg-fuer-die-gluecksspiel-industrie,1472780,25751784.html

http://www.dhs.de/datenfakten/gluecksspiel.html

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.): Jahrbuch Sucht 2013. Lengerich: Pabst

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