Sportsommer 2016: Nachfrage nach Sportwetten steigt
Besonders gefährdet für problematisches Wettverhalten: junge Männer und Sportler
Erst die Fußball-Europameisterschaft, dann Olympia und jetzt läuft auch schon wieder die Fußball Bundesliga: Sportfans kommen in diesem Jahr voll auf ihre Kosten. Und auch die Anbieter von Sportwetten dürften sich freuen. Denn vor allem durch die Fußball-Europameisterschaft ist die Nachfrage nach Sportwetten gestiegen, schätzt die Forschungsgruppe Goldmedia.
Europameisterschaft lässt Nachfrage nach Sportwetten steigen
Die Forschungsgruppe rechnet damit, dass die Einsätze bei Sportwetten im laufenden Jahr erstmalig über fünf Milliarden Euro steigen werden. Im Jahr 2015 wurden noch 4,8 Milliarden Euro eingesetzt, in 2016 könnten es 300 Millionen Euro mehr sein. Ganze 5,1 Milliarden Euro wären dann also bei Sportwetten in Deutschland „im Spiel“, wenn die Fachleute Recht behalten.
Der überwiegende Teil der Umsätze auf dem Sportwetten-Markt wird von privaten Anbietern erwirtschaftet, wie Goldmedia in einer Pressemitteilung berichtet. Im Rahmen des staatlichen Angebots Oddset werden von den Spielern etwa 0,2 Milliarden Euro eingesetzt, die restlichen 4,9 Milliarden Euro fließen zu den privaten Anbietern – und dass, obwohl es immer noch keine Konzessionen für private Sportwettanbieter gibt, wie der aktuelle Glücksspieländerungsstaatsvertrag es eigentlich vorgesehen hatte. Im vergangenen Jahr war die Vergabe dieser Konzessionen letztmalig gescheitert. Keine Konzessionen für den Großteil der Anbieter von Sportwetten, das bedeutet auch: nicht überprüfbarer (bzw. zu kontrollierender) Spielerschutz.
Sportwetten vor allem bei jungen Männern zunehmend beliebt
Zuletzt hatte eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gezeigt, dass Sportwetten vor allem unter jungen Männern einen steigenden Zulauf haben. Bei einer Befragung im Jahr 2013 hatten knapp sechs Prozent (5,7%) der 18- bis 20-jährigen Männer in einem Zeitraum von zwölf Monaten mindestens einmal eine illegale Sportwette abgeschlossen. Im Jahr 2015, dem Untersuchungszeitraum der aktuellen BZgA-Studie, hat sich diese Quote mehr als verdoppelt und stieg auf fast 13 Prozent (12,8%).
Sportler wetten mehr – und sind gefährdeter für Glücksspielsucht
Eine weitere Risikogruppe unter denjenigen, die sich an Sportwetten beteiligen, sind (aktive) Sportler. Bewusst ist an dieser Stelle nicht von „Sportlerinnen“ die Rede, denn offenbar sind es insbesondere die männlichen Sportler, die eine verstärkte Neigung zu Sportwetten haben – und unter denen sich ein erhöhter Anteil von problematischen oder sogar pathologischen Spielern befindet. Das schreiben Prof. Dr. Manfred Zielke und Dr. Johanna Meyer in einem Artikel der Wiener Zeitschrift für Suchttherapie „Rausch“. Die höchsten Anteile pathologischer (also „süchtiger“) Spieler fanden sie interessanterweise unter Golf- und Eishockeyspielern (acht bzw. fünf Prozent).
Sportler, die überdurchschnittlich häufig um Geldbeträge wetten und sich oft darin verlieren: Das ist das Ergebnis einer Reihe weiterer Studien aus den vergangenen Jahren. Einige spektakuläre Fälle prominenter Sportler – wie etwa von René Schnitzler, der ein Buch über seine Glücksspielsucht geschrieben hat – sind nur die Spitze des Eisbergs. Denn: Die Beteiligung an Sportwetten und ein riskantes bzw. problematisches Wettverhalten sind auch im Breitensport häufig anzutreffen.
Sportwetten: So wird das Expertenwissen zur Falle
Es gibt verschiedene Erklärungen dafür, dass Sportler häufiger und riskanter wetten als andere. So ist bei ihnen ein Risikofaktor von Sportwetten noch stärker ausgeprägt als bei anderen Menschen: ihr Expertenwissen. Im Zusammenhang mit Sportwetten muss hier allerdings von „vermeintlichem Expertenwissen“ gesprochen werden. Denn natürlich kennen sich die Sportler im Sport aus, am besten sicherlich in der eigenen Sportart. Der Ausgang eines Spiels lässt sich dennoch nicht vorhersagen, noch weniger die Anzahl konkreter Ereignisse, wie zum Beispiel die Zahl der Tore, die während eines Spiels fallen.
„Tippfehler“ von Profis zeigen: Sportwetten sind Glücksspiele
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Spielprognosen von Sportexperten meist nicht besser sind als die Einschätzungen von Laien, die sich in der jeweiligen Sportart gar nicht auskennen. Zum Teil tippen sie sogar schlechter als die „Nicht-Kenner“. Das zeigt: Sportwetten sind ein Glücksspiel. Wer glaubt, einen Startvorteil zu haben, weil er Ahnung von Sport hat, unterliegt einem Irrtum, der folgenschwer sein kann. Schneller als viele glauben, geht die Kontrolle über das Wetten verloren. Ein klares Warnzeichen in Richtung eines riskanten Spielverhaltens ist es zum Beispiel, wenn jemand Verlusten aus der Vergangenheit hinterher jagt – also spielt, um verlorenes Geld wieder reinzuholen. Vorsicht ist natürlich auch geboten, wenn man einen „sicheren Tipp“ für den Ausgang eines Spiels bekommt, denn auch die gibt es natürlich nicht, es sei denn es sind kriminelle Absprachen zwischen Sportwettanbietern und Verantwortlichen im Spiel.
Sport und auch Glücksspiele sind für viele Menschen ein Freizeitvergnügen. Genau dieses Vergnügen, die Lust am Spiel, geht ganz schnell verloren, wenn die Wettsucht die Kontrolle über das Spielverhalten übernimmt. Informieren Sie sich weiter in unserer Rubrik Sportwetten.
Quelle:
Wiener Zeitschrift für Suchttherapie; Themenschwerpunkt: Pathologisches Glücksspiel und pathologischer PC-/Internet-Gebrauch: Behandlung, Ziele und Methoden der Prävention; Gastherausgeber: Bernd Sobottka, Holger Feindel (Hrsg.), ISSN 2190-443X