Glücksspielmarkt wächst stärker als das Bruttoinlandsprodukt
Mehr als 40 Milliarden Umsatz alleine auf dem legalen deutschen Glücksspielmarkt, Zuwächse bei fast allen Glücksspielarten und etwa eine halbe Million Menschen, die die Kontrolle über ihr Spielverhalten verloren haben: Das ist die Kurzform der Glücksspielstatistiken, die gerade im aktuellen „Jahrbuch Sucht“ veröffentlicht wurden. Entstanden ist ein interessanter Überblick über Gewinner und Verlierer des deutschen Glücksspielwesens.
Glücksspielmarkt wächst stärker als das Bruttoinlandsprodukt
Glücksspiele sind in Deutschland ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Der Gesamtumsatz auf dem regulierten Glücksspielmarkt betrug im Jahr 2015 über 40 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Anstieg um 3,9 Prozent. Prof. Gerhard Meyer, der die Glücksspieldaten für das Jahrbuch Sucht zusammengetragen hat, zieht als Vergleichswert das Wachstum in der deutschen Wirtschaft heran: Dieses lag im gleichen Jahr bei 1,7 Prozent. Der deutsche Glücksspielmarkt ist demnach stärker gewachsen als die übrige Wirtschaft. Nahezu jede Glücksspielsparte hat von 2014 auf 2015 zugelegt. Eine Ausnahme bilden Pferdewetten und Fußballtoto (als Angebot des Deutschen Lotto- und Totoblocks).
267.000 Geldspielautomaten in Deutschland
Umsatztreiber Nummer 1 sind ganz eindeutig die Geldspielautomaten. Mit ihnen werden fast zwei Drittel des Gesamtumsatzes (62,8 Prozent) auf dem regulierten Glücksspielmarkt gemacht. Das sind über 25 Milliarden Euro pro Jahr, ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozent. Kein Wunder, dass mit Automatenspielen so viel Umsatz gemacht wird, denn es gibt in Deutschland sehr viele davon: Im Jahr 2014 (aktuellere Daten liegen derzeit nicht vor) wurden ungefähr 267.000 Geldspielautomaten gezählt. Fachleute sind sich einig: Automatenspiele gehören zu den riskantesten Glücksspielarten überhaupt. Unter anderem liegt das an der sehr kurzen Dauer bis zur Ausschüttung eines (eventuellen) Gewinns und der hohen sogenannten „Ereignisfrequenz“. Letzteres bedeutet, dass die Spiele schnell hintereinander folgen. Die Kontrolle über das eigene Spielverhalten fällt dadurch umso schwerer.
Ein riskantes Glücksspiel in so hoher „Stückzahl“, dazu die oben genannten Summen, die in die Geräte geschmissen werden: Für die Anbieter von Glücksspielen geht die Rechnung auf. Die Bilanz auf Seiten der betroffenen Spielerinnen und Spieler ist dagegen verheerend.
Große Mehrheit der Hilfesuchenden hat am Automaten gespielt
Drei von vier Menschen (ganz genau sind es 72,2 Prozent), die sich wegen einer Glücksspielproblematik an eine Beratungsstelle wenden, haben in erster Linie am Automaten gespielt. Automatenspiele sorgen also nicht nur für das größte Stück vom Umsatzkuchen (und hohe Steuereinnahmen), sondern sind auch das Hauptproblem der sprichwörtlichen Verlierer des deutschen Glücksspielwesens: die Spielerinnen und Spieler, die am Ende einer „Karriere“ oft mit zerrütteten Familienverhältnissen und massiven Verschuldungen dastehen.
Zwei von drei pathologischen Spielern haben Schulden
Glücksspiele sind dadurch gekennzeichnet, dass es hohe Gewinne und Verluste geben kann und sich die Vermögenswerte von Spielerinnen und Spielern innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit verschieben können. In den allermeisten Fällen verschieben sie sich in genau eine Richtung: von den Spielenden weg, zu den Anbietern von Glücksspielen.
Bei pathologischen Spielern sind deshalb oft hohe Schuldenstände zu beklagen. Nur ein Drittel (33,6 Prozent) derjenigen, die sich mit der Diagnose „Pathologisches Glücksspielen“ an eine Beratungsstelle wenden, haben gar keine Schulden. Die übrigen zwei Drittel sind dagegen – zum Teil hoch – verschuldet. Vergleicht man diesen Wert einmal mit den Schulden, die zum Beispiel alkoholabhängige Menschen haben, wird die besondere Verschuldungsproblematik bei Spielern deutlich. Bei alkoholabhängigen Personen sind es nämlich 75,2 Prozent, die zum Zeitpunkt ihrer ambulanten Behandlung keine Schulden haben.
Zwei weitere Vergleichswerte: Zehn Prozent der ambulant betreuten Spielerinnen und Spieler haben bis zu 50.000 Euro Schulden, bei weiteren 6 Prozent übersteigt der Schuldenberg die Grenze von 50.000 Euro. Bei alkoholabhängigen Menschen liegen die Prozentanteile der hoch verschuldeten Personen deutlich niedriger: 2,3 Prozent haben bis zu 50.000 Euro Schulden, 1,9 Prozent liegen darüber. Beim Vergleich mit anderen Abhängigkeitsformen zeigt sich ein ähnliches Bild: Pathologisches Glücksspielen reißt erwartungsgemäß das größte Loch in die Kasse. Leidtragende sind neben den Spielern natürlich auch die Angehörigen, insbesondere die Kinder und natürlich häufig auch die Gläubiger. Eine Schuldnerberatung ist deshalb häufig Bestandteil einer Beratung von Spielerinnen und Spielern. Hier finden Sie einen Überblick der Beratungs-und Behandlungsangebote in Hamburg.
Quelle:
Meyer, G. (2017): Glücksspiel – Zahlen und Fakten. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.): Jahrbuch Sucht 2017. Lengerich: Pabst.