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Neue Studie zum Belohnungslernen bei Glücksspieler*innen

Neue Studie zum Belohnungslernen bei Glücksspieler*innen

Es ist eine der zentralen Fragen der Glücksspielforschung: Was bewegt Menschen dazu, ihr Geld immer wieder auf den Zufall zu setzen, obwohl sie dabei – vor allem langfristig – Verluste machen?

Nüchtern betrachtet ist die Beteiligung an Glücksspielen schlicht: unvernünftig. Denn die Wahrscheinlichkeit zu verlieren ist hoch. Geldspielautomaten sind beispielsweise so programmiert, dass sie den Anbieter*innen hohe Gewinne bescheren und nicht den Menschen, die vor dem Automaten stehen. Und doch versuchen viele Menschen immer wieder ihr Glück an den Walzen und hoffen darauf, dass ausgerechnet sie die Ausnahme sein und gewinnen werden.

Das Prinzip lässt sich auf alle anderen Glücksspiele übertragen: Wer spielt, verliert auf längere Sicht. Und wer oft und mit hohen Einsätzen spielt, verliert entsprechend oft und viel. Anders gesagt: Wer sich regelmäßig an Glücksspielen beteiligt, hat AUTOMATISCH VERLOREN

Freudige Ereignisse aktivieren das Belohnungssystem im Gehirn

Auf der Suche nach Antworten darauf, warum manche Menschen nicht loslassen können vom Spielen und trotz hoher Verluste immer wieder ihr Glück versuchen, landen Forscher*innen regelmäßig beim sogenannten „Belohnungszentrum“.

Nicht nur Gewinne beim Spielen aktivieren dieses System, das Fachleute in unserem Vorderhirn verorten. Immer wenn uns etwas gelingt, wir ein Kompliment oder Lob erhalten oder unser Lieblingsessen auf dem Tisch steht, feuern die Nervenzellen in unserem Belohnungssystem. Weil sich das gut anfühlt, wollen wir diese Erfahrung wiederholen.

Das Belohnungssystem wird deshalb auch als Erklärung für Lernprozesse der unterschiedlichsten Art herangezogen: Wir wiederholen und erlernen Verhaltensweisen, die belohnt werden und vermeiden solche, auf die eine negative Konsequenz folgt. Dieser Mechanismus ist seit Pawlow und seinen hungrigen Hunden bekannt. In der Zwischenzeit hat die Forschung auch herausgefunden, welcher Botenstoff im Belohnungssystem im Gehirn die Hauptrolle spielt: Dopamin.

Studie: Gewohnheitsmäßige Glücksspieler*innen wählen andere Strategien

Wenn jemand beim Glücksspiel gewinnt, wird im Belohnungszentrum vermehrt Dopamin ausgestoßen. Aber nicht nur dann: Das passiert auch bei sogenannten „Fast-Gewinnen“ – also dann, wenn das Spielereignis einem echten Gewinn ähnelt, man aber trotzdem verloren hat. Ein Beispiel: Statt der drei für einen Gewinn notwendigen gleichen Symbole erscheinen lediglich zwei davon. Interessanterweise reagieren Spielende auf solche Fast-Gewinne (fast) so freudig wie auf einen Gewinn – obwohl sie bei dem Fast-Gewinn Spiel und Einsatz eindeutig verloren haben.

Wie unterscheiden sich Personen, die regelmäßig Glücksspiele spielen von anderen Menschen, wenn es um strategische Handlungen geht, die entweder belohnt werden oder nicht (Fachleute sprechen in diesem Fall von „Belohnungslernen“)? Dieser Frage ging jetzt ein Forschungsteam um die beiden Psychologen Prof. Dr. Jan Peters und Dr. Antonius Wiehler von der Universität Köln nach. Sie baten dafür 23 männliche Glücksspieler sowie 23 Kontrollpersonen gebeten, sich an einem Strategiespiel zu beteiligen. In dem Spiel ging es darum, zwischen unterschiedlichen Optionen (verschiedenfarbige Rechtecke) zu wählen. Je nachdem für welche Strategie sich die Personen entschieden, erhielten sie unterschiedlich hohe Belohnungen. Während die Probanden die Übung durchführten, wurde per Magnetresonanztomographie (MRT) die Aktivität in ihrem Belohnungssystem gemessen.

Besonders interessierte sich das Forschungsteam dafür, inwiefern die Versuchspersonen auf bewährte Optionen setzten (die in vorhergehenden Spielzügen einen hohen Gewinn eingebracht hatten) oder aber neue Optionen ausprobierten. Letztere Vorgehensweise wird in der Studie als „zielgerichtete Exploration“ bezeichnet. Diese Strategie ist zwar unsicherer, liefert der spielenden Person jedoch neue Informationen über Optionen und deren Aussichten auf Belohnung.

Das Ergebnis: Die regelmäßigen Glücksspieler setzten deutlich seltener auf die Strategie der „zielgerichteten Exploration“ und verließen sich stärker auf Optionen, die sich in der Vergangenheit gelohnt hatten. Und auch ihre Hirnaktivität unterschied sich von der der Kontrollpersonen.

„Diese Ergebnisse zeigen, dass Glücksspieler sich beim Belohnungslernen weniger an sich verändernde Umgebungen anpassen“, so die Schlussfolgerung der Psychologen aus Köln. Die Studienergebnisse könnten eine (Teil-) Erklärung dafür liefern, warum regelmäßige Glücksspieler*innen immer wieder auf gleiche Weise ihr Glück versuchen und an dem festhalten, was ihnen in der Vergangenheit einmal einen Gewinn eingebracht hat – vergleichbar mit einem Zug, der wenn er einmal auf einer Schiene fährt, dort auch bleibt, bis jemand eine Weiche stellt.

Weitere Studien sind notwendig, um die gefundenen Unterschiede einerseits zu bestätigen und andererseits die Zusammenhänge mit dem Dopaminsystem genauer zu untersuchen.

Unsere Empfehlung: Es gibt in Hamburg zahlreiche kostenfreie Unterstützungsangebote für alle, die die Weiche in Richtung „Ausstieg aus dem Spielen“ stellen möchten. Informationen finden Sie hier.

Quellen:

Universität zu Köln (2021). Wie Glücksspieler ihre Handlungen planen, um Belohnungen zu maximieren. Online abgerufen am 27. April unter https://portal.uni-koeln.de/universitaet/aktuell/presseinformationen/detail/wie-gluecksspieler-ihre-handlungen-planen-um-belohnungen-zu-maximieren

Wiehler A., Chakroun K., Peters J. (2021). Attenuated Directed Exploration during Reinforcement Learning in Gambling Disorder. In: Journal of Neuroscience 17 March 2021, 41 (11) 2512-2522; DOI: 10.1523/JNEUROSCI.1607-20.2021

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