Neue Daten zum Glücksspielverhalten in Deutschland
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat neue Zahlen zum Glücksspielverhalten in Deutschland veröffentlicht. Danach hat fast jeder Zweite (46,5%) in den letzten zwölf Monaten an einem Glücksspiel teilgenommen. Gegenüber zurückliegenden Jahren (2007 und 2009) ist der Anteil der Glücksspielerinnen und Glücksspieler damit leicht zurückgegangen. Vor allem an Klassenlotterien scheinen immer weniger Menschen Interesse zu haben. Während sich im Jahr 2007 noch 3,9% an einem oder mehreren Spielen einer Klassenlotterie beteiligt hatten, sank dieser Anteil in der aktuellen Studie auf 1,2%.
Insgesamt ist die Rangfolge der beliebtesten Glücksspiele in Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren jedoch stabil geblieben. Am häufigsten wird demnach Lotto „6 aus 49“ gespielt, gefolgt von Spiel 77 / Super 6. Sofortlotterien sowie private Glücksspiele wurden von 12,9% bzw. 9,2% der Deutschen gespielt. 7,2% von ihnen haben sich an einer Fernsehlotterie beteiligt. Betrachtet man die Gesamtheit aller Glücksspielenden in Deutschland, sind es also vor allem die Lotteriespiele, die das Bild prägen.
Eine Zunahme ist vor allem bei einigen Glücksspielarten zu verzeichnen, die ein vergleichsweise hohes Suchtpotential aufweisen. So ist der Anteil der Automatenspielerinnen und -spieler gegenüber 2007 angestiegen und liegt inzwischen bei 2,9%. Vor allem Männer spielen an Automaten (4,6% im Vergleich zu 1,2% der Frauen). Am höchsten ist der Prozentsatz der Menschen, die ihr Glück an Geldspielautomaten versuchen, unter den 18- bis 20-Jährigen. 12,8% der Befragten in dieser Altersspanne gaben an, in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal an einem Geldspielautomaten gespielt zu haben. Im Jahr 2007 lag dieser Anteil mit 4,3% noch deutlich niedriger. Gestiegen ist auch der Prozentsatz bei den Minderjährigen, die an Automaten spielen. 4,5% (2009: 2,3%) der 16- bis 17-Jährigen – eine Altersgruppe also, für die die Teilnahme an Glücksspielen gesetzlich verboten ist – haben in den letzten zwölf Monaten an Automaten gespielt.
Dieser deutliche und auch im statistischen Sinne eindeutige Anstieg ist besonders vor dem Hintergrund des hohen Gefährdungspotentials von Automatenspielen bedeutsam. Denn Automatenspielerinnen und -spieler haben ein um den Faktor 5 erhöhtes Risiko, ein problematisches bzw. süchtiges Spielverhalten zu entwickeln – auch das zeigen die Ergebnisse der BzgA-Studie. Das hohe Suchtpotential von Geldspielautomaten zeigt sich auch darin, dass über 70% der Menschen, die wegen einer Glücksspielsucht eine Beratungsstelle aufsuchen, an Geldspielautomaten spielen (z.B. Jahrbuch Sucht 2011). Zudem konnte kürzlich in einer Studie ((Link zu News berechnet werden, dass das Spiel an Geldspielautomaten mit Abstand die höchsten sozialen Folgekosten produziert, insgesamt 225 Millionen Euro.
Eine weitere Glücksspielart mit hohem Gefährdungsgrad wurde in der Studie der BZgA erstmalig in den Blick genommen. Die Rede ist von sogenannten „Live-Wetten“. Ein knappes Prozent der Bundesdeutschen hat sich in den letzten zwölf Monaten an Live-Wetten beteiligt. Bei dieser Wettform wird auf Ereignisse während eines Sportereignisses gewettet. Dadurch laufen Live-Wetten deutlich schneller ab als etwa klassische Sportwetten, bei denen die Wetten vor dem Sportereignis platziert werden. Die Spielerinnen und Spieler müssen sich unter Zeitdruck entscheiden, außerdem fehlt ihnen die „Abkühlungsphase“ nach dem Spiel – „ideale“ Bedingungen also, um die Kontrolle über das eigene Spielverhalten zu verlieren. Diese Gefahr spiegelt sich auch in den Ergebnissen der aktuellen Studie der BZgA wider, denn auch für Personen, die an Live-Wetten teilnahmen, wurde ein fünffaches Risiko für ein problematisches bzw. abhängiges Spielverhalten ermittelt. Auch der Bundesgerichtshof hatte vor einigen Wochen die besondere Gefahr von Sportwetten im Internet erkannt und bestätigt, dass ein Verbot dieser Glücksspielart rechtmäßig ist.
Die Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. (HLS) setzt unterdessen verstärkt auf eine umfassende Aufklärung über die Risiken von Glücksspielen. So fand anlässlich des bundesweiten Aktionstags Glücksspielsucht am 29.09.11 am Hachmannplatz eine große Luftballonaktion statt, unterstützt durch das Improvisationstheater „Die Hütchenspieler“. Viele Hamburgerinnen und Hamburger nutzten die Gelegenheit, sich über das Thema Glücksspielsucht zu informieren. „Wir wollen mit dieser und anderen Aktionen auf Glücksspiele und ihre Risiken aufmerksam machen und gleichzeitig Betroffene dazu motivieren, möglichst frühzeitig ein Hilfsangebot in Anspruch zu nehmen“, so Christiane Lieb, Geschäftsführerin der HLS. Und weiter: „Wichtige Tipps und Informationen sowie Anlaufstellen für ein persönliches Gespräch sind auf der Website www.automatisch-verloren.de zu finden.“
Quelle: Pressemeldung der BZgA