Jugendliche und Glücksspiel
Sechs Prozent der Jugendlichen zeigen auffälliges Glücksspielverhalten
Ende Mai hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Mechthild Dyckmanns in Berlin den Drogen- und Suchtbericht 2012 vorgestellt. In einer Pressemitteilung erklärte sie dazu, dass die „Maßnahmen zur Verringerung des Drogen- und Suchtmittelkonsums in vielen Bereichen Wirkung zeigen“. Gleichzeitig machte sie deutlich, dass es „weiterhin Gruppen mit besonders hohem oder riskantem Konsum gibt, die noch besser erreicht werden müssen“. Als ein Beispiel nannte sie die Zunahme beim gewerblichen Glücksspiel unter Jugendlichen (16- 17 Jahre) und jungen Erwachsenen (18- 20 Jahre). Bei der anstehenden Novellierung der Spielverordnung setze sie sich deshalb unter anderem für eine „drastische Reduzierung der Anzahl der Automaten in Gaststätten“ ein. Im Bericht wird grundsätzlich ein verbesserter Spieler- und Jugendschutz beim Automatenspiel gefordert.
Studie zum Glücksspielverhalten von Jugendlichen
Manch einen mag verwundern, dass 16- bis 17-jährige Jugendliche überhaupt Zugang zu Automatenspielen haben. Schließlich ist die Teilnahme an Glücksspielen jeder Art ist in Deutschland erst mit Erreichen der Volljährigkeit erlaubt. Wie hoch ist der Anteil der Jugendlichen, der Erfahrungen mit Glücksspielen hat und wie häufig nutzen Jugendliche einzelne Glücksspielarten? Wie viel geben Jugendliche im Durchschnitt für das Spielen aus? Und treten in dieser Altersgruppe bereits durch das Glücksspiel verursachte Probleme auf? Antworten gibt eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die das Glücksspielverhalten und das Auftreten von Glücksspielsucht in der deutschen Bevölkerung untersucht hat. Ein eigenes Kapitel in dem Studienbericht widmet sich dem Glücksspielverhalten von Jugendlichen.
Weibliche Jugendliche holen bei Glücksspielen auf
Den Zahlen der BZgA zufolge hat ungefähr ein Drittel der 16- bis 17-jährigen – also noch minderjährigen – Jugendlichen (32 Prozent) in den zwölf Monaten vor der Befragung an mindestens einem Glücksspiel teilgenommen. Damit ist dieser Anteil gegenüber einer Untersuchung aus dem Jahr 2009 (24 Prozent) deutlich angestiegen. Männliche Jugendliche berichten zwar häufiger über Erfahrungen mit Glücksspielen (36 Prozent) als gleichaltrige Mädchen. Gerade bei den weiblichen Jugendlichen konnte jedoch ein besonders starker Anstieg im Vergleich zu der Befragung im Jahr 2009 beobachtet werden: Mit 16 Prozent lag der Anteil der 16- bis 17-jährigen Mädchen mit Glücksspielerfahrungen in 2009 etwa halb so hoch wie bei den Jungen. In der aktuellen Studie haben die weiblichen Jugendlichen nun deutlich „aufgeholt“. 27 Prozent von ihnen geben inzwischen an, in den letzten zwölf Monaten ein Glücksspiel gespielt zu haben.
Sofortlotterien bei Jugendlichen am weitesten verbreitet
Am weitesten verbreitet sind in der Gruppe der 16- bis 17-jährigen Jugendlichen Sofortlotterien, also beispielsweise Rubbellose. 16 Prozent der Befragten in dieser Altersspanne haben in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal an einer Sofortlotterie teilgenommen. Damit hat sich dieser Anteil in den letzten Jahren verdoppelt (2009: 8 Prozent).
Bei Sofortlotterien erfahren die Spielenden unmittelbar nach dem Kauf des Loses, ob und wie viel Geld sie gewonnen haben. Aus diesem Grund ist bei Rubbellosen auch von einem höheren Gefährdungspotenzial auszugehen als bei der „klassischen“ Variante des Lottospiels. Die Gewinne werden sofort ausbezahlt und können direkt wieder eingesetzt werden. Ein solches kurzes Auszahlungsintervall bei einem Glücksspiel kann die „Jagd“ nach dem nächsten Gewinn anheizen und trägt damit zum Suchtpotenzial des Spiels bei.
Auf den Plätzen 2 und 3 der beliebtesten Glücksspiele bei den Jugendlichen folgen privat organisierte Glücksspiele (12 Prozent) und Poker (9 Prozent).
Ungefähr 5 Prozent der Jugendlichen haben in dem Jahr vor der Befragung mindestens einmal an einem Geldspielautomaten gespielt. In den Jahren 2007 und 2009 betrug dieser Anteil noch 2 Prozent. Expertinnen und Experten sind sich einig, dass es sich bei Geldspielautomaten um eine Glücksspielart mit besonders hohem Gefährdungspotenzial handelt (hierzu auch unsere News März 2012).
6 Prozent der Jugendlichen in Deutschland zeigen ein auffälliges Spielverhalten
21 Prozent aller Jugendlichen in Deutschland (einschließlich der Nichtspielerinnen und – spieler also) geben bis zu 10 Euro pro Monat für Glücksspiele aus, jeweils 3 Prozent „zwischen 10 und 20 Euro“ bzw. „zwischen 20 und 50 Euro“. 1,5 Prozent der 16- bis 17-Jährigen investieren sogar mehr als 50 Euro für das Spielen.
Das Glücksspiel im Jugendalter bleibt nicht folgenlos, wie die Untersuchung der BZgA ebenfalls belegen kann. Ungefähr 6 Prozent der Jugendlichen zeigt demnach bereits ein auffälliges Spielverhalten, als problematisch gilt ungefähr ein Prozent von ihnen.
Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen (e.V.) rät zu frühzeitiger Beratung
Die Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen (e.V.) empfiehlt allen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen und natürlich auch Eltern, möglichst frühzeitig eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Denn wenn sich bereits über längere Zeit ein kritisches Spielverhalten entwickelt hat und sich beispielsweise Spielschulden angehäuft haben, ist es umso schwieriger, aus einer solchen Situation wieder herauszukommen.
Hier geht es zu Hilfsangeboten in Hamburg. Bei der BZgA kann eine Broschüre heruntergeladen oder bestellt werden, die sich direkt an Jugendliche richtet.
Quellen:
Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2007, 2009 und 2011 - Ergebnisse aus drei repräsentativen Bevölkerungsbefragungen (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln)
Pressemitteilung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung