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Im Fokus der Kritik: die Kampagne der Automatenwirtschaft

Schwarz-weiße Plakate mit dem Konterfei von Bastian Schweinsteiger und der Aussage „Das Allerwichtigste ist, dass du sauber spielst, egal wo und was du spielst“: Über Wochen war die Kampagne der Deutschen Automatenwirtschaft auf großflächigen Plakaten zu sehen. Auch ein Video mit dem ehemaligen Nationalspieler wurde produziert, das beispielsweise in Kinos zu sehen war. Mit der gleichen Botschaft: Sauber spielen ist wichtig und die Automatenindustrie „spielt sauber“. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. So sagte eine Sprecherin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gegenüber einer Tageszeitung, dass bekannte Sportler ihre Vorbildfunktion lieber für die Suchtvorbeugung einsetzen sollten.

Kampagne fordert Regeln, die längst rechtliche Realität sind


Die aufwändige Kampagne der Automatenwirtschaft hat es in sich. Sie wirkt seriös und hochwertig. Auf dem Plakat stehen neben dem Slogan „Wir spielen fair“ fünf Regeln, für die die Automatenindustrie „kämpft“, wie dort zu lesen ist: Zocken nur ab 18, Kein Alkohol, Geschultes Personal, Spielerschutz und Geprüfte Qualität.

Regeln, gegen die niemand etwas haben kann – allerdings sind sie bereits längst umgesetzt. Dass in Spielhallen kein Alkohol ausgeschenkt werden darf, steht beispielsweise schon seit vielen Jahren in der Spielverordnung. Und dass Jugendliche sich nicht an Glücksspielen beteiligen dürfen, ist ebenfalls gesetzlich verankert und wird auch von niemandem ernsthaft in Frage gestellt. Gleiches gilt für die anderen „Regeln“: Landesglücksspielgesetze schreiben vor, dass und wie das Personal in Spielhallen geschult werden muss, ebenso werden (nicht nur) dort weitere Maßnahmen des Spielerschutzes festgeschrieben.

Kampagne: Lobby-Arbeit der Automatenindustrie


Mit ihren „Forderungen“ geht die Automatenindustrie also kein Risiko ein (dass diese einmal erfüllt werden müssten, da sie ja bereits längst umgesetzt wurden), sondern betreibt mit ihrer Kampagne reine Lobbyarbeit. Dazu passt auch, dass sie in einem Zeitraum lanciert wurde, in dem eine Übergangsfrist aus der Spielverordnung auslief und neue Regeln gelten (so wurden viele Automaten umgerüstet bzw. ausgetauscht, wir berichteten darüber. „Wir tun etwas für den Schutz unserer Gäste und stellen sogar eigene Regeln auf“, so die Botschaft der Kampagne. Dass neue rechtliche Vorgaben von der Automatenindustrie unterlaufen werden, schreibt dagegen unter anderem der Spiegel in einer seiner letzten Ausgaben (siehe unten).

Spiegel: Kampagne ist ein Bluff der Automatenindustrie


Auch dass durch den Einsatz des prominenten Fußballspielers Schweinsteiger Glücksspiele in die Nähe von Sport gerückt werden, gehört vermutlich zum Kalkül der Automatenindustrie. Dabei kommt es bei Automatenspielen ganz und gar nicht auf sportliche Qualitäten wie Ausdauer, Geschick oder Kraft an, sondern alleine auf den Zufall. Ganz im Gegenteil könnte man sagen: Wer ausdauernd am Automaten spielt, verliert immer mehr. Und Geschick und Kraft werden schon gar nicht gebraucht. Auch wenn es manchmal so wirkt: Mit Strategie haben Automatenspiele nichts zu tun.

Das Magazin Der Spiegel hat ebenfalls auf die Kampagne reagiert. In dem Artikel wird sie als Bluff der Automatenindustrie bezeichnet und dargelegt, wie in der Vergangenheit und auch aktuell wieder rechtliche Vorgaben unterlaufen wurden bzw. werden. Die Liste ist lang, hier nur ein Beispiel: Die Automatiktaste, mit der mehrere Spiele hintereinander angestoßen werden (die dann ohne weiteres Zutun der Spielenden ablaufen), wurde per Spielverordnung verboten. Diese Funktion gebe es weiterhin, schreibt der Spiegel, heiße aber fortan anders („Start“). Eine Reihe weiterer Strategien gegen rechtliche Regeln nennt der Autor des Artikels – ein krasser Widerspruch zu der Selbstbekundung auf den Plakaten: „Wir halten uns an strenge Grundsätze“.

Ebenfalls Plakatmotive: Beschäftigte in der Automatenindustrie


Im Mittelpunkt der Kritik an der Kampagne steht meist der beliebte Fußballspieler Bastian Schweinsteiger. Dabei wird übersehen, dass noch vier andere Personen auf Plakaten zu sehen sind, allesamt Beschäftigte in Spielhallen bzw. der Automatenindustrie, darunter eine Auszubildende und ein Entwickler. Auch hier scheint klar, worauf die Absender der Kampagne zielen: das Vorhaben der Politik, die Zahl der Spielhallen – und damit der Arbeitsplätze in der Branche – zu reduzieren. Übrigens ein Vorhaben, das sich nur schleppend in die Tat umsetzt. So lassen viele Kommunen Härtefälle oder Übergangsregelungen gelten. Die sprichwörtlichen Verlierer und Verliererinnen des nicht konsequent umgesetzten Spielerschutzes sind die Spielenden. Nach einer Schätzung der BZgA leben in der Bundesrepublik eine halbe Million Menschen, die entweder problematisch spielen oder bereits glücksspielabhängig sind.

Man darf gespannt sein, was sich die Lobbyisten der Glücksspielindustrie im nächsten Jahr einfallen lassen, um ihre Gewinne zu sichern. Ebenfalls interessant: Werden sich die Bundesländer im nächsten Jahr auf einen Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag einigen können und was wird drin stehen? Wir bleiben dran und berichten auch im nächsten Jahr über alles Wissenswerte rund um das Thema Glücksspiel(-sucht).

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern erholsame Tage und einen guten Rutsch in das neue Jahr!

Quelle:
Der Spiegel/ Printausgabe Nr. 48 vom 24.11. 2018

https://www.tz.de/sport/fussball/bleibt-bastian-schweinsteiger-in-usa-nach-glueckspiel-werbung-in-kritik-10408523.html

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