Glücksspiele gehen an die finanzielle Substanz – Schuldnerberatungen helfen weiter
Glücksspiele sind „grundsätzlich schädlich und unerwünscht“: Dieses Urteil fällte das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2001. Begründet wurde es folgendermaßen: Glücksspiele eignen sich zur Geldwäsche, außerdem wirken sie sich negativ sowohl auf die Psyche des Spielers als auch auf seine wirtschaftliche Situation aus.
„Einmal gewinne ich noch, dann höre ich auf“
Mit anderen Worten: Glücksspiele können abhängig machen und zu einem hohen Vermögensverlust führen. Beides hängt natürlich miteinander zusammen. So erhöhen manche Menschen sogar noch ihre Spielintensität, wenn sie bereits tief im Minus sind: Sie versuchen damit, eingetretene Spielverluste auszugleichen, oftmals nach dem Motto: „Einmal noch gewinnen, dann höre ich auf“. Ein in der Regel hoffnungsloses Unterfangen. Denn der Schuldenstand erhöht sich dadurch weiter, was wiederum das Verlangen anfachen kann, weiter zu spielen, um die – inzwischen gestiegenen – Verluste wieder wett zu machen: Ein Kreislauf entsteht. Fachleute bezeichnen dieses Phänomen als Chasing („Hinterher jagen“).
Pathologische Glücksspieler haben oft hohe Schulden
Ein weiterer Zusammenhang zwischen Spielen und Geldschulden: Am Ende einer Spielerkarriere steht oft ein hoher Schuldenstand, der den Neustart in ein spielfreies Leben erschweren kann. So haben lediglich ein Drittel der ambulant betreuten Menschen mit der Hauptdiagnose „Pathologisches Glücksspielen“ gar keine Schulden. Dagegen berichten 16 Prozent von ihnen über ein Minus von 25.000 Euro oder mehr. Zum Vergleich: Unter ambulanten Klienten und Klientinnen mit einer Alkoholabhängigkeit haben 4 Prozent einen vergleichbaren Schuldenstand, bei Kokainabhängigen beträgt dieser Prozentsatz knappe 9 Prozent.
Bei (ehemaligen) Spielern und Spielerinnen, die stationär behandelt werden, ist die Quote der Hochverschuldeten sogar noch höher: 27 Prozent, also mehr als jeder vierte von ihnen, hat mehr als 25.000 Euro Schulden.
25.000 Euro und mehr: für Menschen mit einem durchschnittlichen Einkommen eine hohe Summe, die sie abtragen müssen und für viele außerdem eine zusätzliche Belastung bei der Überwindung ihrer Abhängigkeitserkrankung. Deshalb ist es in einer Beratung bzw. Therapie von Menschen mit Spielproblemen auch unabdingbar, das Thema Schulden mit in den Blick zu nehmen.
Gläubiger kommen oft aus dem Familien- und Freundeskreis
Wo bzw. bei wem haben pathologische Glücksspielerinnen und Glücksspieler Schulden? Dieser Frage ging im vergangenen Jahr die „Fachzeitschrift für Schuldnerberatung“ nach. Eine Statistik der Universitätsmedizin Mainz gab Aufschluss. Befragt wurden dafür Menschen, die die Ambulanz für Spielsucht der Universität Mainz in Anspruch nahmen. Dabei fällt auf, dass sie zu einem großen Teil Schulden bei Verwandten und Bekannten haben: Über 40 Prozent der in Mainz ambulant betreuten Menschen gaben an, dass sie Schulden bei Menschen aus ihrem näheren und teilweise familiären Umfeld haben. Danach folgen mit 38 Prozent Schulden aus Bankkrediten bzw. ein Minus auf dem Girokonto.
Als weitere „Besonderheit“ der überschuldeten Glücksspieler und Glücksspielerinnen nennen die Autorin und der Autor des Fachartikels jene Schulden, die aus Delikten resultieren: Straftaten, die mutmaßlich vor allem aus der Geldnot in Folge des übermäßigen Spielens resultieren.
Schuldnerberatung: je früher desto besser
Glücksspiel geht an die Substanz – auch an die finanzielle Substanz, wie diese Zahlen zeigen. Betroffene sollten das Thema Schulden deshalb bei einer erfahrenen Beraterin bzw. einem erfahrenen Berater in einer Suchtberatungsstelle oder einer Schuldnerberatung ansprechen. Dabei gilt: je früher desto besser. Denn ein vergleichsweise kleiner Schuldenberg kann besser abgetragen werden als größere Summen. Es gibt auf der anderen Seite aber auch kein „zu spät“ (etwa weil man schon lange spielt und viele Schulden angehäuft hat): Im Gespräch mit der Beraterin bzw. dem Berater werden unabhängig vom Schuldenstand maßgeschneiderte Lösungsmöglichkeiten entwickelt, auf die man selber – als einzelner Spieler bzw. als Spielerin – oft gar nicht gekommen wäre. Alle Beratungen sind natürlich anonym.
Quellen:
Informationen – Die Fachzeitschrift für Schuldnerberatung #1_2018, 33. Jahrgang, März 2018
Meyer, G. (2018): Glücksspiel – Zahlen und Fakten. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.): DHS Jahrbuch Sucht 2018. Lengerich: Pabst Science Publishers.